Artistic Research und die Rolle künstlerischer Methoden zur Forschung in urbanen Kontexten wird in mehreren wissenschaftlichen Veröffentlichungen thematisiert.[1] So erstellte ein Team unter der Leitung von Forschenden der Leuphana Universität Lüneburg eine Typologie künstlerischer politischer Aktionen, die darauf abzielte, allgemeine Beziehungen zwischen dem städtischen Kontext und künstlerischen Interventionen zu ermitteln (Hoop et al., 2022).
Konkrete künstlerische Forschungsprojekte wurden zu folgenden Themen entwickelt: städtischer Wandel und Kunst im öffentlichen Raum (Myrvold, 2021), „narrative potential of urban design and public art“ (Filep, 2019), emotionale Reaktionen auf Bereiche einer Stadt (Zaiets, 2020) und das künstlerische Verständnis von „empty spaces between buildings“ (Feldges et al., 2011). Die Anwendung der kollektiven Improvisation im urbanen Raum zielte darauf ab, „another awareness of urban qualities, limits, forces and meanings“ zu etablieren (Atienza/Sand, 2016). Mit künstlerischen Forschungsmethoden erfolgte die Annäherung an „complex, varied and at times invisible histories of city landscapes“ (McDonald, 2017, S. 275). In der Einleitung zu einer aktuellen Sonderausgabe der medien- und kulturwissenschaftlichen Zeitschrift Navigationen. Artistic and Scientific Approaches to Playful Urban Arts (2016), hoben die Herausgeber*innen die Bedeutung von „play as a crucial urban element“ heraus und lenkten die Aufmerksamkeit auf die Stadt als „playground: as a space that enables, and perhaps inherently calls for, playful and often creative encounters among inhabitants, visitors, and the urban environment itself“ (Ackermann et al., 2016, S. 8).
In solchen Projekten wurden künstlerische Auseinandersetzungen mit der Stadt (re)konstruiert und neue Wege zur Wahrnehmung der Stadt entwickelt. Durch den spielerischen Einsatz von Musik als künstlerische Forschungsmethode wurden neue Erkenntnisse über die Strukturen der Stadt, ihre Menschen, ihre Beziehungen untereinander, ihre Geschichte sowie ihre Zukunft gewonnen. In einer eingehenden Betrachtung der künstlerischen Methodik und der verkörperten Wissensproduktion in urbanen Kontexten stellte Marcel Cobussen in seinem Kapitel „Artistic Research and Sound Art in Public Urban Spaces“ (2019) die zunehmende Aufmerksamkeit der Forschung auf Sinne und das sinnliche Wissen – den „sensory turn“ – in Disziplinen wie Kulturwissenschaften, Philosophie, Anthropologie und Psychologie in den Vordergrund (S. 98).
Cobussen zufolge kommt der „sensory turn“ sowohl der Klangforschung als auch der künstlerischen Forschung zugute. Anhand einer Diskussion von vier Kunstwerken von Klangkünstlern „in/on/with“ öffentlichen Räumen und unter Rückgriff auf Theorien von Gilles Deleuze und Félix Guattari (1987) plädierte Cobussen dafür, diese Werke sowohl als künstlerische Forschung als auch als „klangliche Interventionen“ zu betrachten, die den klanglichen Bereich eines Ortes anpassen oder umgestalten: „the way it is or was used, the people who are or were using and occupying the site, and its functions and position within larger material as well as immaterial contexts“ (Cobussen 2019, S. 109).
[1] Die folgende Literaturübersicht stammt aus der Publikation des Projektleiters Kahr, Michael (2024 in print). „Jazz & the City: Artistic Music Research in Urban Contexts“. Urban Music Studies: Theories and Methods, ed. Alenka Barber-Kersovan.